13.11.2024 – Schauen wir in Schweizer Wahlkämpfe, sehen wir Social Media Kampagnen, welche wie ein After-Thought wirken (weil sie es auch sind). Wie Social Media von Anfang an richtig gedacht wird.

Bei den letzten paar Kampagnen, deren Teil ich sein durfte, fiel mir immer wieder auf, wie abschätzig die sozialen Medien als Kampagnenmittel behandelt werden. Sie werden in die Verantwortung von Newbies gegeben, in Budgets unterfinanziert und bei Sitzungen mit dem Kommentar „muss man halt“ abgetan. 

Jedoch sind die sozialen Medien „a force to be reckon with“, welche in jeder Kampagne zentral sein sollten, sogar müssten. Schon nur die Kosteneffizienz von Werbung auf SoMe ist unschlagbar. Zudem ist die Hauptzielgruppe auf den sozialen Medien junge Menschen, eine Zielgruppe, welche momentan noch kaum mobilisiert ist und das Potenzial hätte, Ergebnisse zu kehren, wie unter anderem der Erfolg von Anna Rosenwasser bei den letzten Nationalratswahlen gezeigt hat. 

Eines der grössten Probleme ist dabei in meinen Augen, dass die Sozialen Medien meist separat von der restlichen Kommunikation gedacht wird. Ich bin überzeugt davon, dass Medienarbeit und und Social Media als ein Element gedacht und einheitlich gestaltet werden müssen. Wording, gute Narrative und Issue Framing haben im Internet genauso viel Macht wie in traditionellen Medien. Social Media und die Medien gehören beide zu unseren neuen, hybriden Medienlandschaft, welche eine Kampagne bespielen werden sollte, wenn sie erfolgreich sein soll. 

Wie genau dies gemacht wird, ist schlussendlich relativ egal. Ausser natürlich ein wichtiger Punkt: Social Media Kampagnen müssen von jungen Menschen erstellt, geführt und vor allem konzipiert werden. Sie wissen am Besten, wie Internet-Kampagnen gestaltet sein müssen, um zu funktionieren und kommen mit neuen, frischen Ideen. 

Hier aber meine SoMe-Philosophie: Neben gutem Issue Framing ist auch Professionalität auf den sozialen Medien gestattet und gern gesehen. Gerade in Deutschland hat sich eine Tendenz gezeigt, als Kampagne von Politiker*innen selbstgedrehte TikTok-Tänze zu zeigen oder auf Hypes aufzusteigen. Ich finde das den falschen Ansatz, weil damit das Publikum völlig unterschätzt wird. Eine gute SoMe-Kampagne ist für mich eine, die Themen kurz und bündig, aber seriös anspricht. Dazu gehört auch ein ordentlicher Ton, eine Systemkamera und ein Stativ. Natürlich darf mit Konzepten und Formaten gespielt werden, jedoch darf auch hier die Politik nicht unseriös vermittelt werden. Ein gutes Beispiel für das Spielen mit Hybriden zwischen Sketch und Seriösität sind übrigens die Social Media Kanäle der amerikansichen Washington Post, welche aktuelle Themen auf eine humorvolle Art aufnehmen und dabei journalistischen Prinzipien treu bleiben. Die Washington Post ist übrigens auch als linkes amerikanisches Leitmedium sehr zu empfehlen (und gerade im Vergleich zu deutschsprachigen Zeitungen extrem günstig). 

Ich hoffe, ich konnte mit diesem Beitrag etwas Licht in meine Sicht auf die sozialen Medien als Kampagnenmittel bringen. Ich bin natürlich auch offen für Kritik und andere Meinungen in den Kommentaren oder direkt via E-Mail (kontakt@flo-hebeisen.ch).